15
Okt
2008

Und dann

ist doch wieder Freitag an einem Montag und ich lache und bin glücklich, weil ich bin.

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392 mal erzählt

21
Sep
2008

An einem Sonntag im September

Er war ich
Ich bin er.
Er war.
Ich bin.

Worte können die Lücke niemals schließen,
die mein Vater hinterlassen hat.

Seine Stimme fehlt mir, mich zu fragen.
Seine Augen, mich zu spiegeln.
Sein Lachen, mich zu wärmen.
Seine Tränen, mich zu berühren.
Seine Hände, mich zu halten.
Der Daumen, der mir ein Kreuz auf die Stirn malt.

Er war Ich bin Er.
Ich bin.

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644 mal erzählt

13
Sep
2008

Papierene Freunde

Jetzt stehen sie wieder da, Rücken an Rücken, an ihrem alten, neuen Platz. Manche waren schon vorher Nachbarn, andere haben erst jetzt einen Platz gefunden. Jahrelang waren sie Lückenbüßer. Dieses Schicksal hat gar nicht selten die besten von ihnen getroffen, denn nur sie habe ich immer wieder zu mir geholt, um sie dann, nachdem ich sie anderen vorgestellt hatte oder nachdem sie meine Frage beantwortet hatten, wieder irgendwo hin zu räumen.

Einige sind mir gestern völlig neu begegnet. Wiederum andere waren mir fast völlig entfallen und gaben doch schon im flüchtigen Durchblättern Erinnerungen an vergessen Geglaubtes Raum. Manche sind Stellvertreter, für die aus deren Händen ich sie bekommen oder deren Worte das Verlangen nach ihnen genährt haben. Wenige enthalten Widmungen von Menschen, die mir komplett entfallen sind. Fast zwei Meter stehen für eine Epoche, ich werd sie wohl nur mehr selten öffnen, aber weggeben kann ich sie nicht. Das hieße irgendwie, Jahre verlieren.

Und doch wanderte das eine oder andere auf einen Stapel im Vorraum – ausgemustert, weggelegt, um den Platz für die geliebten zu erhalten. Nicht nur die, die doppelt vorhanden waren, auch manch attraktive und heitere Urlaubsbegleitung oder Zeugen einer anderen Epoche, die mir von ihren Autoren persönlich ans Herz gelegt wurden, Zeugnisse von Reisen mit Außerirdischen oder Geschichten einer tragischen Kindheit, besonders schweren Herzens auch ein, zwei Bücher, die ich bei dem netten exiljugoslawischen Buchhändler, der bis vor drei Jahren einen Laden in unserer Gasse hatte, abgekauft und doch nie gelesen habe und das eine oder andere, das ich selbst einst aus einem Leihbüchereiverkauf oder einem Altpapiercontainer gerettet habe. Sie müssen gehen damit die anderen bleiben können.

Bei der morgendlichen Lektüre steigt Angst in mir hoch, weil kaum mehr Platz für neue Bücher ist, wenn ich nicht bereit bin, mich von weiteren alten zu trennen. Vielleicht fühl ich mich auch deswegen hier so wohl, in der Welt frei gelassener Buchstaben, nicht eingesperrt zwischen Buchdeckeln und doch immer greifbar. Aber Bücher riechen.

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"Was du alles weißt! Du hast schon viel gelesen."
"Ja, ich lese immer. Der Vater nimmt mir die Bücher weg. Ich möchte in eine chinesische Schule. Da lernt man vierzigtausend Buchstaben. Die gehen gar nicht in ein Buch."


Elias Canetti "Die Blendung" Auflage 181. – 187. Tausend: Oktober 1985, wiederentdeckt gestern
883 mal erzählt

10
Sep
2008

Fröhlicher falscher Freitag

Erkenntnis beim Erstgeborenen: Soul ist für Zimmerpflanzen, was Klassik für Kühe ist.

Außerdem führten wir eine Diskussion über den Altweibersommer. Das Wort wird ja gerne als diskriminierend betrachtet und das obwohl die damit beschriebene Jahreszeit doch wunderschön ist, mit heißen Tagen und manchmal wildem Wetter, meist ausgewogen, das Licht ist golden, der bunte Herbst kündigt sich an. Es gibt Kürbisse, Äpfel, Birnen. Es ist meine Lieblingsjahreszeit, die nach den alten Weibern benannt ist ..."Und", sagte die junge Frau, mit der ich darüber sprach: "So ein schönes Sprachbild gibt es für alte Männer nicht...nach denen ist nichts benannt."

Ein kleiner visueller Trost für alte (und nicht so) alte Männer:

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oder auch:

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ein betrunkenes Telefonat
und dann hab ich noch ein wenig getanzt und an Anousch und nanou gedacht....
499 mal erzählt

8
Sep
2008

Save our Soul

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Gemeinsam mit dem Liebsten habe ich den Erstgeborenen am Arbeitsplatz besucht. Zwischen schwarzem Hut und rot gepunkteten Schuhen habe ich mir die Seele aus dem Leib getanzt. Nunmehr seelenlos habe ich herumwirbelnd den einen oder anderen Kopf verdreht. Die Beute habe ich dann dem Liebsten geopfert, der mich mit Küssen und Begierde für mein Spiel belohnt hat.

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2
Sep
2008

Sechs Jahre und ein dutzend

18 Jahre liebe ich den Mann, 12 sind wir verheiratet.

Nachtrag zum Hochzeitstag am 30. August:

Du bist mein bester Freund am Tag
Mehr noch brauch ich dich in der Nacht
Wo ich schon so oft neben dir lag
Eben erst verwirrt erwacht

Verloren aber nicht alleine
In deiner Wärme wohl geborgen
Mir selbst gehörend, ganz die Deine
Von dir geleitet in das Morgen…

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1092 mal erzählt

22
Aug
2008

Die letzte Flasche

Ich habe sie neulich im Keller gefunden –
die letzte Flasche von unserem Wein.
Jetzt steht sie vor mir seit vielen Stunden,
ich weiß noch nicht: Schenk ich mir ein?

Du hast mich so viel über Wein gelehrt
Über Trinken, Genuss, über Lust,
ich hab dich geliebt – du hast mich verehrt
es war heiß in diesem August.

Doch in dem Keller war es angenehm frisch,
und wir verkosteten Glas um Glas,
die Winzerin saß mit uns am Tisch,
du warst konzentriert, ich hatte Spaß.

Ich mach jetzt doch diese Flasche auf
ganz so als wär ich nicht allein,
ich stelle einfach zwei Gläser auf
und schenk in beide etwas ein.

Ich heb das Glas zur Kerze hin
Wie klar und schön, wie satt das Rot
ich sehe deine Lippen darin,
und auch die Tränen meiner Not.

Aus dem Handgelenk ein weiches Schwenken
und atme ein des Weines Duft,
nur spüren, ahnen, bloß nicht denken,
ein Hauch von Beeren liegt in der Luft.

Doch ich rieche da noch mehr,
ein kleines Zimmer, Leidenschaft,
und plötzlich rieche ich dich sehr,
deine Wollust, deine Kraft.

Ich rieche unsre schönen Stunden
Und auch ein wenig Traurigkeit;
ich rieche meine blutigen Wunden;
ich rieche meine Einsamkeit.

Ich führ das Glas an meine Lippen;
ich will ihn schmecken, diesen Wein,
am Anfang vorsichtig dran nippen,
dann erst lass ich mich auf ihn ein.

So hast du es mir beigebracht,
am Anfang stand ein scheuer Kuss,
dann folgte unsere erste Nacht
und dann Ekstase bis zum Schluss.

Doch irgendwann ist die Flasche leer,
und alle Gläser ausgetrunken,
bin müde und will auch nicht mehr,
bin tief im roten Wein versunken.

Dein Glas ist immer noch halb voll
Nur meines, das ist viel zu leer,
ich weiß nicht, was ich machen soll,
ich vermiss dich halt so sehr.

Es war die letzte Flasche von unsrem Wein,
Es wird andere Weine geben,
es wird ein anderer Sommer sein
und vielleicht ein anderes Leben.

Und sollten wir uns wieder sehen,
morgen oder irgendwann,
dann lass uns etwas trinken gehen,
stoßen wir auf die Liebe an.

Beitrag der Mock Turtel zum Wettbewerb "vinum et litterae". Leider nicht ausgezeichnet, aber hiermit aufgezeichnet, meint die Mock Turtle.

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773 mal erzählt

19
Aug
2008

Renovierung

Wir renovieren die Wohnung. Nach 15 Jahren wird ausgemalt. Das erledigt Herr G., ein alter KPÖ-Funktionär mit einer Leidenschaft für Kuba. Räumen müssen wir selbst. Und so wälzen wir unser Leben durch die hohen, großen Räume, vom Büro ins Wohnzimmer und zurück. Dabei wird aussortiert: Ich trenne mich von Lieblingsschuhen, die nicht mehr repariert werden können, von Pressunterlagen, die keinen mehr interessieren; ich werfe sogar Bücher weg, Musikkassetten mit Interviews, ohne sie ein letztes Mal auf dem einzigen Kassettenrekorder der Wohnung anzuhören (andere behalte ich, wohl wissend, dass ich auch sie wohl nie mehr hören werde, aber…), Filmbänder und Videos, Garantien und Gebrauchsanweisungen für Geräte, die es nicht mehr gibt, sogar Bücher; Hochzeitsanzeigen von längst Getrennten kommen ebenso ins Altpapier wie Geburtsanzeigen von Kindern, die schon zur Schule gehen, Weihnachtsgrüße und Postkarten, auch Partezettel von Menschen, die schon zehn Jahre tot sind, das fällt am schwersten, seltsamerweise, dazwischen Bilder, auf denen ich neben Menschen sitze, die ich noch nie gesehen habe.

Das alles muss zügig gehen, weil ich sonst Mitleid bekomme mit den Dingen, mit CDs, Kassetten, ungeliebten Geschenken, Büchern und alten Schuhen. Schuhe gebe ich in die Humanabox, Taschen, Tonträger und lieb gemeinten Kitsch stelle ich auf den Gang in der Hoffnung, dass sie doch irgendwo weiterleben, vielleicht sogar geliebt werden.

"Befreiend", sagen die Leute, wenn ich ihnen davon erzähle und ich stimme ihnen zu. Bald ist mein Leben wieder wie frisch gestrichen, weiß mit zehn Tropfen Ocker.

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777 mal erzählt
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Mock Turtle

Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

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Im Bilde

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Soundtrack

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