30
Mrz
2015

...und (er)wartet...

Los geht’s wieder – ich wittere schon die Bühnenluft, hab das Textbuch und die Requisiten schon gesichert und freu mich auf die Landpartie. Endlich steht wieder ein toll3ster Auftritt bevor – ein lang erwartetes Wiedersehen mit jenen Figuren, die gehegt und gepflegt von drei liebevollen Müttern, inspiriert von wechselnden Vätern vor zwei Jahren das Licht der Welt erblickten.

Fanfare:
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In knapp drei Wochen sitzt Adelheid also wieder im Krankenhaus und stopft Junk in sich hinein, sie war einmal eine richtig schöne Frau. Ach und der Gustl, der arme Jan. Und Hannah ist in Tom verliebt, Reinthallers machen auf glückliche Ehe, während Annabella tatsächlich einfach nur glücklich ist. Karin kocht ihr traumhaftes Erdäpfelgulasch und Maike hat einen schlechten Lauf. Und all das muss sich Brigitte anhören. Und Moritz, hach Moritz.

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Den habe ich neulich wahrscheinlich im PoC gesehen. Ein Bäuchlein wächst ihm, nun ja, Karin und er genießen offenbar ihr Leben. Zumindest, was ich dem entnehmen konnte, was er der Frau mit dem Flat White erzählte, während er sich Filterkaffee aus der Glaskaraffe nachgoss und die Schokotarte in sich hineinlöffelte . So ein Genießer dieser Moritz. Ich hatte sie ihm ja empfohlen, ich wusste, dass er mich nicht erkennen würde, ich wusste, dass sie ihm schmecken würde.

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Und dann betrat sie den Raum, ich spürte es, sah es an seinem Blick über meine Schulter, seinem Lächeln. Ich rutsche zur Seite, aufgefädelt mit anderen Gästen auf der Holzbank. Die Wirtshausbuben vom 28 sprachen über Pläne, man scherzte und nur langsam konnte ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Nebentisch zuwenden,versteckt hinter dem eigenen Rücken, zu neugierig war ich.

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Sie hätte gar nicht erst: „Ein tiefer Fall führt oft zu hohem Glück,“ sagen müssen. Schlanker war sie geworden, die neue Diät, gierig starrte sie Moritzens Tarte an, während sie nervös ihre Tasse drehte, trinken dürfe sie ja. „Obwohl der Kaffee ja auch schädlich ist, aber soll ich gar nichts vom Leben haben und die Sojamilch…“ Kundalini-Yoga betriebe sie jetzt, erzählte sie und von einem neuern Projekt berichtete sie: „Ich freu mich so drauf – ich bin halt eine typische Löwin.“

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So konnte nur Moritz lachen…
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16
Mrz
2015

Das Bild

Sie stand schon viel zu lange vor dem halb fertigen Bild. Es ärgert sie, dass es nicht fertig war, es ärgerten sie die Fehler in der Perspektive und im Strich. Da oder dort war die Farbe verwischt, schlampig gearbeitet, mit dem Handballen wahrscheinlich. Schade um das schöne Papier, das teure schwere.

Das Papier hatte der Maler mitgebracht. Und die schönen Farben, teure Wasserfarben, was heißt Wasserfarben, Aquarellfarben. Und den dicken weichen Rundbleistift, dessen Striche fast wie Kohle waren. Und Kohle. Und das Papier. Immer wieder kam er zum Mittagessen und inspizierte seine Bilder, die im Haus hingen. Schöne Bilder, auch das Kind mochte sie. Der kleine, dicke Maler mochte das Kind vielleicht. Sogar, wenn es sich altklug in die Gespräche über die griechische Mythologie einmischte, Orpheus, der Minotaurus. Bei Milzschnittensuppe, Buchteln und Gröstel, sprach der Maler von seiner Mutter, der viel Geliebten, der er eine Kapelle errichtete. Reiterin sei sie gewesen, wie das Kind. Irgendwie sabberte er, war schmutzig, er war eklig, aber ein großer Künstler. Viel geschätzt und fast wie ein Freund der Familie, der dem Kind Talent attestierte und Malsachen brachte – keine neuen, gebraucht vom großen Künstler. Das Kind mochte ihn nicht.

Ein Schloss war im Hintergrund und ein Teich rechts vorne. Daneben stand der gestiefelte Kater. Oder hätte stehen sollen. Und da war dieser Weg – ungelenk und seltsam koloriert. Und vor allem unfertig. Wie lange lag es da herum, Tage, Stunden, liegen gelassen, vergessen, weil etwas anderes interessanter war, weil immer etwas anderes interessanter ist. Einfach so, halb trocken und verschmiert und unfertig. Das schöne Papier, die schönen Farben. Sie breitete das Packpapier aus und bettete das Bild darauf, behutsam, damit sie das Bild in ihrem Kopf nicht verlor. Niemand hatte ihre Bilder je gelobt, niemand hatte sie gesehen. Nur die Malerinnen und Maler verstanden sie, weil sie sie verstand. Künstlerseelen, verletzt. Aber jetzt würde sie das Bild zu Ende malen und es würde wunderschön werden.

Die Pinsel waren verklebt und sie musste sie erst unter fließendem Wasser spülen, Der Becher auch, auch ihn reinigte sie sorgfältig und sah zu, wie sich die wenigen Farbpartikel, die im grauen Mischmasch waren, endgültig verschwommen, der Schmutz floss ab. Sie ging noch einmal in den Keller, um den Farbkasten zu holen und reinigte die Palette sorgfältig. Vorsichtig wischte sie über jedes einzelne Farbkästchen hinweg, alles verschmiert. Sie stellte die Ordnung wieder her.

Sie stellte die Ordnung wieder her, verpasste dem Weg mehr Kontur, dem See mehr Tiefe und einen kleinen Schilfgürtel. Und ganz vorne im Bild, stand der gestiefelte Kater. Gerne hätte sie radiert, doch sie verbat es sich. Das Bild war fertig und sehr nahe an dem, das sie im Kopf hatte. Das Kind würde sich freuen, sie haben gemeinsam ein Bild gemalt und vielleicht könnten sie es beide dem maler als Bild des Kindes unterjubeln. Oder öfter gemeinsam malen. Wenn das Kind nicht immer so schlampig wäre und zumindest die Fingerabdrücke am Rand durfte sie wegradieren. Die schönen Farben, das gute, schwere Paper. Das Kind würde staunen…

„Mama, Mama, hast du mein Bild fertig gemalt? Warst du das? Mama, das war mein Bild! Mama ich hasse dich!

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Tut mir leid Mama, es war mein Bild. Du hast so schön gemalt. Es war mein Bild.“


Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum Projekt *.txt, das vierte Wort Bild
1257 mal erzählt

24
Feb
2015

Abgrundtief

Man müsste fliegen können.
Und tauchen.

Da gibt es diese Momente am Rande des Abgrunds, wo man fliegen können möchte. Sich einfach abstoßen und losfliegen, die Arme ausgebreitet, der Sonne, den Sternen entgegen; sich wie ein Albatros von den warmen Luftströmungen tragen lassen; Reiten und Gleiten mit und auf dem Wind und manchmal die mächtigen Schwingen bewegen, um dem Flug eine andere Richtung zu verleihen.

Nur nicht daran denken, dass man ja nicht fliegen kann, dass man wie Ikarus abstürzen wird, sobald man erkennt, dass das, was man tut unmöglich ist, vermessen sogar. Denn dieser Gedanke lässt einen sofort trudeln und fallen, verzweifelt rudert man mit den Gliedmaßen, schreit, ringt nach Luft. Und fällt, fällt, fällt.

Besser ist es da doch einzutauchen, den Flug in einen Sprung zu wandeln. Wie schön die Klippen, eine Möwe fliegt vorbei und irgendwo dort unten glitzert die Sonne am glasklaren Wasser.

Jetzt nur nicht das Vertrauen verlieren, sich nicht verspannen, verkrampfen. Dann könnte es nämlich passieren, dass man an der Wasseroberfläche zerschellt oder zumindest jede Menge blaue Flecken und Blessuren davon trägt.

Da ist es doch viel besser, die Arme nach vorne auszustrecken, zum Pfeil zu werden, der sich ins Wasser gleitend in einen Delfin verwandelt und einfach weiter zu tauchen der Sonne, den Sternen entgegen dort unten am Grund. Schwerelos.

So fühlt sie sich an, die abgrundtiefe Liebe.

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Dieser Text ist mein Wort Beitrag zum fulminanten Projekt *.txt, das dritte Wort holte mich an Bord, Danke Dominik.
– und danke an Madame La Mamme und RP für die Kopfwäsche….im Schreiben bleiben…
1330 mal erzählt

20
Jan
2015

Nachtrag: Das Fest des Lebens

Es war mir ein Fest, es ward mir bereitet, ich habe es mir gewünscht und habe um so viel mehr bekommen, als ich erträumt hätte, hätte ich das gewagt….
Irgendwann spätestens im letzten Jahre habe ich mir abgewöhnt mir Manches zu wünschen, zu fürchten, in dieser oder jener Farbe auszumalen. Stattdessen tu ich das meinige dazu und lass es geschehen, gewiss, dass es gut sein wird.

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Und so war keine Furcht, nur die reine Vorfreude, die mein Herz rasen und meine Knie wackeln ließ, als mich meine beiden Adjudantinnen für den Start in den Abend abholten. Schon seit Wochen war diese vom 1. Offizier und nunmehrigen Vizekönig geschürt worden. Oft ließ er sich erst spät an Deck blicken, weil in der einen oder anderen Hafenkneipe was ausbaldovert worden war. Und dann die Erlösung: Das Komitee, er mir mit, unterm Sternenhimmel an mich geschmiegt, habe alles erledigt. Nicht so viele Partyspiele aber doch nicht zu leicht das Ganze dem Geburtstagskind gemacht. Wie gewünscht ein Fest mit Beiträgen in digitalen und analogen Grüppchen wurden ein Buffet aus selbst gemachten erstellt mit scharfen Chilli von der Krimiautorin, Hummelbrot, Aufstrichen, Tiramisu vom Exkollegen, Toll2ste Leckereien, Wickinger Or*o Flushis und sooooo viel mehr.

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Ich versendete Einladungen, hielt meine Neugier im Zaum und kaufte mir mit Löwenmut ein neues Kleid. Nicht zu alt und nicht zu jung. Und doch noch drei Mal umziehen, hin und her probieren und schließlich eine Lösung finden für den Weiberbauch und die schlaffen Ärmchen und Tanzschuhe, natürlich Tanzschuhe, bequem und fest. Fertig, es klingelt. Und jetzt standen sie da, zwei der drei Komiteedamen, die quirrlige Lioness, mein Kind und die ruhigere Rieglerin, Seelenschwestern, jede auf ihre Art, so schöne Menschinnen. Mit Seifenblasen nahmen sie mich in Empfang und führten mich zum Essen aus. Zu früh drängte ich zum Aufbruch, da wurde noch hektisch telefoniert und Zeit geschunden, beim Marsch über den regnerischen Brunnenmarkt und angekommen, der Geburstagschor gleich beim Eingang zur Feststätte.

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Thank you for the music – der Erstgeborene, Herr Doppel-T und überhaupt die kostbarsten Herren der überaus kostbaren Freitagsgesellschaft haben ihre Schatzkisten mit- und die Meute zum Tanzen gebracht – Soul-Sugar allerfeinster Güte. Doch zur in Erdöl gepressten Liebe der Singles kam noch mehr, eine formidable Live Band: The Kleesh, mit einem Best Off der Lieder meiner Jugend.

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Es war mir ein Fest mit Friends and Lovers, mit so vielen Menschen, mit denen ich schon gefeiert, geredet, gelacht, geweint, gelernt, geliebt, geschlafen, gewacht, getrunken, gegessen, geraucht, getanzt, gearbeitet, gesungen, gestritten, gekämpft, gefragt, geurlaubt, gehofft und gelebt habe.

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Euch allen Dank für dieses Fest und diese wunder-vollen 50 Jahre…..
716 mal erzählt

18
Jan
2015

50th Birthday Slam Poetry

50 Jahre alt geworden,
hätt ich mir doch nie gedacht,
dafür kriegt man keinen Orden,
denn das wäre doch gelacht,
dafür kriegt man ordentlich Narben,
Spuren jener süßen Wunden,
die man sich auch selbst geschlagen
in so manchen Sehnsuchtsstunden.
Vierhundertsiebenundvierzigtausend und 60 Stunden
Brachte ich mittlerweile so über die Runden
Einen Teil davon hab ich sicher verschlafen,
viele vergessen,
die ziemlich braven,
aber auch jene wilden Nächte,
wo ich Brecht zitierte und anschließend brechte –
oder nein, manchmal hab ich mich übergeben,
manchmal ins Klo, manchmal ins Leben.
Aber eines ist sicher, man darf auf Erden,
auch irgendwann ein wenig klüger werden.
Man muss sich nicht immer nur stressen, man darf vergeben,
man kann, man will vergessen.
Man lernt, dass man mehr als einmal liebt
man lernt viel öfter Danke sagen,
man lernt, dass es viele Wunder gibt,
und wenig Antworten auf große Fragen.
Und ja man legt auch Kilos zu,
kriegt graue Haare, braucht öfters Ruh.
Und man bin ich, denn ich leb mein Leben,
und ich durfte und darf es – und das ist schön – heute und auch sonst zuweilen
mit euch wundervollen Menschen teilen.
Ich hab‘s euch nicht immer leicht gemacht
hab viel getrunken und laut gelacht.
Gedichte zitiert, Schallplatten aufgelegt, Teige gerührt, Gedanken zerlegt.
Und oft, wenn das Fest am Brodeln war,
nahm ich die Chance zum Schlummern war.
Und wenn das so ist, lasst ihr mich in Ruh,
Ihr seid für mich da, ihr hört mir zu,
da kann ich ruhig hard to handle sein,
ihr schenkt mir einfach mehr Schampus ein.
Doch jetzt hör ich schon auf, Reime zu leiern,
Freundinnen und Freunde lasst uns feiern,
lasst uns auch an andere denken, ihnen Liebe und Geld schenken,
meinen Eltern zu Ehren
genieße und teile ich mein Leben
so ist das eben.

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895 mal erzählt

14
Jan
2015

Aus dem Logbuch: 2014 revisited

Eine Woche ist das neue Jahr nun alt, das das besser sein soll als das letzte, das schwerste. Alles neu oder vieles, Weihnachten ohne Mutter, ohne Vater, nicht in Tirol. Bei einer anderen Familie mit anderen glänzenden Kinderaugen, in Gedanken an die vielen Kindertränen zu Weihnachten, an all das, was das Sehnsuchtsfest so schwer macht. Zurück ins Haus, die lieben Nachbarn, die Familie, der Onkel trauernd am Friedhof, das Leben geht weiter, sagen wir uns. Immer wieder. Viele Häfen und einmal untertauchen. Und es geht weiter.

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Eine Narbe am Hals erinnert, ein paar Aufnahmen, die Stimme der Mutter. Und wieder aus der Zeit gefallen, vieles vergessen; ein wenig schwerfällig bin ich, wenn es um Neues geht, wenn ich versuche mir mein Leben neu zusammenzuzimmern. Ein neues Schiff muss her und neue Karten, wir brechen auf zu neuen Ufern, der 1. Offizier und ich, ein sansibares Leben führen wir.

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Meine Weltkarte hat sich verändert, Kontinente haben sich verschoben, keine Eltern, keine ideologische Heimat mehr, keinen Arbeitsplatz im Großraumbüro. Es ist mein Leben und nur mehr ich entscheide, wo es lang geht. Das macht mir Angst, gibt mir auch immer wieder ein Gefühl der Verlorenheit. Ich will es gut machen. Das Erbe gut nutzen. Arbeiten. Helfen.

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Und doch stecke ich fest zwischen Projekten, Ideen, Wünschen, Träumen. Und nichts ist dringend, nur der nächste Tag zu leben. Das habe ich gelernt in jenen Wochen. Monaten. In diesem Jahr der ungestellten Fragen, weil es keine Antworten geben kann, der Verlorenheit in der Zeit, deren Endlichkeit abzusehen und doch wieder nicht abzusehen war. Das Leben mit dem Tod.

Das Leben nach dem Tod, das Leben ohne Rufbereitschaft, Tag und Nacht, ohne das einzige Ziel jeden Tag zu einem guten zu machen, denn es könnte der letzte gute sein oder einfach nur der beste in einer Reihe immer schlechter werdender guter. Jeden ihrer Tage. Nun sind es meine Tage, die ich mir gut mache und ich entscheide, was gut ist. Als letzte meiner Art, meiner Kernfamilie.

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Und während mir längst vergangene Ereignisse plötzlich klar vor Augen stehen, verschwimmt dieses Jahr der Tränen, Schmerzen und Abschiede. Jenseits des Blogs bleibt der Duft von Rosen im Garten, Früchteteller, der Atem der Mutter im Nebenzimmer, beim Kellerfenster hinausrauchen und auf den Freitag warten, der mir den Liebsten, uns den Mann im Haus brachte. All das ist vorbei – für immer.

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Noch wirkt das Haus, als würde die Mutter auf mich warten – und sie tut es auch. Und auch nicht mehr. Niemand mehr, den ich anrufen muss, ich muss keine Rechtfertigung mehr ablegen, ich trage die Haare oft offen und Kleider, die sie nicht so mochte. Aber auch Kleider, die sie mir gekauft hat.

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„Fehlen mir Kinder?“ fragt man mich. Frag ich mich, denn ich mich über den neu geborenen Menschen im Freundeskreis, in der Wahlverwandtschaft freue. Nein, auch jetzt nicht. Die Kernfamilie habe ich durch die erweiterte und durch Wahlverwandte ersetzt, Brüder und Schwestern im Geiste, Söhne und Töchter in Freundschaft und sogar schon „Enkel“ – zum Lieben und Leben ohne Stimme des Blutes, ohne zu große Erwartungen und eigenverantwortlich für das Leben bis zum Tod.

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(Tausend Dank Herr Schneck fürs 1. Geschenk)

Und das wird ein wunder-volles… die Segel sind gesetzt, der 1. Offizier zum Vizekönig ernannt.

So viel Glück ist mir beschieden. Allzeit gute Fahrt und eine Handbreit Wasser unter dem Kiel…
753 mal erzählt

30
Nov
2014

Sansibar III: Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts, irgendwo Im Muschelkalk.

Salme, oh Salme, du Inselprinzessin. Wie musst du Sansibar vermisst haben. Schwanger hast du deine Insel verlassen, im vierten Monat, um der Steinigung zu entgehen; 22 Jahre alt, schwanger, von einem Ungläubigen, dem deutschen Kaufmann Heinrich Ruete. Er hatte in Stone Town im Nachbarhaus der vermögenden und selbstbewussten Sultanstocher gewohnt und über die Gassen der Stadt hinweg, ist ihre Liebe 1866 entstanden: „Das flache Dach des selben, lag unterhalb des meinem und von einem Fenster des oberen Stockwerks aus, war ich oftmals Zeuge von fröhlichen Herrengesellschaften, , die er, um mir die Art der europäischen Mahlzeiten zu zeigen, arrangiert hatte. Unsere Freundschaft, aus der sich mit der Zeit eine innige Liebe entwickelte, wurde bald in der Stadt bekannt und auch mein Bruder Majid erfuhr davon“, schreibt Emily Ruete, zu der sie im fernen Deutschland geworden war, zwanzig Jahre später in den „Memoiren einer Prinzessin aus Sansibar“. Noch auf der Fahrt wurde sie Christin. Drei Jahre später war sie Witwe, der geliebte Mann kam bei einem Pferdestraßenbahnunglück ums Leben. Sie musste drei Kinder durchbringen - die Memoiren, haben geholfen, gestorben in Jena, begraben in Hamburg. Nur einmal ist sie nach Sansibar zurückgekehrt. Ihr Leben lang hat sie sich danach gesehnt. Heute">https://www.mtoni.com/index.php/mtonipalace/item/44">Heute ist sie Folkore-Element und hilft so Konservierungsprojekte umzusetzen. Und so ist der Sultansdarsteller Fundi – Handwerker – bei Tag und Conferencier des Nachts.

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Aber die gibt es auch noch diese andere Seite der Geschichte, deren Schatten nicht zu übersehen ist.. Der Reichtum Sansibars, von dem die berühmten Türen Stone-Towns künden, beruhte auf Sklavenhandel. Fast zwei Jahrhundert lang war die Insel unter der Herrschaft des Sultans von Omar Zentrum des ostafrikanischen Sklavenhandels, der im 19. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreichte. Salmes Vater, Said ibn Sultan, hat die legendären Gewürznelkenplantagen der Insel von Sklaven bestellen lassen. Als die Nachfrage aus den USA und Brasilien sank, wurde der Markt in den Nahen Osten verlegt. Wir standen vor Tippu-Tips Haus. Der berühmte Sklavenhändler mit aristokratischem Hintergrund – er war dabei als Stanley „Dr. Livingstone, I presume?“ https://de.wikipedia.org/wiki/David_Livingstone sagte. Kerker und Höhlen zeugen von dieser Zeit, Menschenlager, in denen diejenigen, die die lange Reise aus dem Herzen Afrikas auf die Gewürzinsel überlebt haben, wie Sardinen gestapelt wurden, bevor sie frisch geölt am Marktplatz verkauft wurden. Manche wurden unterwegs entsorgt auf hoher See, wenn Kontrollschiffe der Briten nahten. Lampedusa kommt mir in den Sinn. Und Reunion. Inselwelten.

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Längst ist es ein Monat her, dass wir zurück sind, das Christkind war da und die Haut des 1. Offizier ist noch immer gerötet vom „Henna“-Tatoo von Mama Africa. Und nachdem ich aus dem Tränensee rund ums Fest wieder aufgetaucht bin, sind wir mit den Maidsen, den bezaubernden Nichten des Geliebtesten im Nixenkostüm untergetaucht. Es gibt ein Leben nach dem Tod.

So viel Glück ist mir beschieden. Allzeit gute Fahrt und eine Handbreit Wasser unter dem Kiel…

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940 mal erzählt

Nachtrag Sansibar II: Wenn man einmal in Sansibar

Schnell hat uns die Insel erreicht und wir sie. Gerüche, Geräusche, die Temperatur bei 30 Grad angenehm. Das Hotel passt; für, zu uns. „Mbweni Ruins“. Ylang-Ylang Zimmer, 1. Stock, Kolonialstil, blau und dunkles Holz, sauber, sehr. Ein kleines Reich mit Moskitonetz und warmen Licht, mit Terrasse und Kerze. Zu unseren Füßen Bar und Strand – und das Meer; wenn es da ist. Gerade in diesen November-Vollmondnächten nahe des Äquators zieht es sich alles sechs Stunden weit zurück, noch weiter als sonst, um dann wiederzukehren – rudi - und die Mangroven zu umspülen. So blau, so klar und rein. Das Meer ist eine Frau. Unser Meer nannten wir es schnell. Bahari.

Und die Menschen, so schöne Menschen. Die Männer oft Lauser, verschmitzt, schlau, und doch auch stolz – die Frauen Königinnen, kaum eine trägt ihr Haar unbedeckt und selbst jene, die sich Big Mama nennt und mir ein überteuertes sicher hochallergenes Henna Tattoo auf meine Hand pinselt, in Stone Town, im Fort, wo nur Touris sind und die Händlerinnen, befolgt das Gebot. Big Mama trägt Perücke, stelle ich fest. Da sitz ich mit meinen wilden Haaren und lass mir die Hand bemalen, während die Frauen um mich schnattern und jeden, der den Kopf bei der Pforte im alten Gemäuer herein steckt mit Karibu, Jambo, „Come in, Mister“ begrüßen. Die verrückte Judy trägt kein Kopftuch, sie ist die einzige. Nur eine Schleife im Haar. Wie eine Negerpuppe – so heißen die bei uns in die Tirol, so hießen sie und so nennen sie auch meine kleine Prinzessin. Wie eine Negerpuppe – und sie spielt mit einer kleinen roten Katze in ihrem Schoß. Ich fühle mich so geborgen, dass ich wieder kehre – wie versprochen – um viel zu teuer halbherzig feilschend bunte Kangas und ein wallendes Gewand zu kaufen.

Immer gleich und doch anders; das mit den Inseln. Auf den Inseln bist du immer fremd, im besten Fall Gast - oft ein Leben lang. In die großen Städte kann man eintauchen, in ihnen untertauchen, Teil werden; nicht auf der Insel. Und schon gar nicht auf einer afrikanischen Insel. „Can I help You?“ fragt der Sansibari im Postgebäude in Stone Town: „This is a Tourist Office, You are a tourist…“ „How did You know?“ Er versteht den angedeuteten Scherz, grinst schelmisch: „You are not Sansibari.“ Es gibt so etwas inseliges. Offen müssen sie sein die Menschen auf den Eilanden für Gäste und Eroberer, die so eine Insel schnell im Vorübergehen nehmen. Manchmal bleiben; und doch nie dazu gehören. Auf den Inseln kennt JedeR JedeN, man ist verwandt, fremd bleibt fremd, ob von der nächsten Insel oder dem nächsten Tal. Denn Tirol ist eine Insel.

Auch auf dieser Insel – so scheint es – kennt man sich. Noch Tage später schenken uns jene, die uns auf unserem ersten Irrgang durch Stone Town begegnet sind, ein vertrautes Lächeln. Oder auch nicht. Vielleicht ist es auch nur dieses Touristenlächeln und sie tun sich so schwer unsere Gesichter zu unterscheiden, wie wir es mit den ihrigen tun. Ach, diese Gassen, auch sie schwer zu unterscheiden mit den Steinbänken vor den Häusern, den Türen, ja natürlich den Türen und den Souvenirgeschäften. Exotisch; alles. Da waren wir doch schon und da und da und da noch nie. Kaum Graffities, mehr Geschäfte und Moscheen – über 40 – und zwei Kirchen machen den Unterschied, sorgen für Wiedererkennung.

Und dann retten sie uns, die Alis, die Kemals, füttern uns mit knallrotem Mabuyu und führen uns zum Geldautomaten, zum Hafen, raus aus dem Straßengewirr. Sie zeigen uns die Schätze ihres Landes, Sef der Gewürzgartenguide, der uns stolz jede Pflanze erklärt: „Überall auf der Welt kann man diese Pflanze nur alle sechs Monate erneten. In Sansibar: Zwei Mal im Jahr.“ Und Mo, sein Assistent, bespaßt uns mit kunstvollem Flechtwerk, ein Armband, eine Krawatte, eine Krone, ein Hut. Oh ja, wir sind Touristen und als solche in aller gebotenen Lächerlichkeit Preis gegeben – aber schön ist es doch. Und so bewundern wir den, der sich „Makuna Hatata und „Malaika“ singend auf die Palme bringt und uns mit Kokosnüssen versorgt.

Manchmal gelingt es uns, kurz den Touristenpfad zu verlassen, andere Zugänge zu finden, zueinander. Dass unsere Heimat dort nicht wirklich bekannt ist, erleichtert das nicht unbedingt. Kijerumani, Germany beharren die Einheimischen mit demselben milden Lächeln mit dem sie unsere Laut-legasthenischen Suahili-Versuche quittieren. Nur die Seifenblasen können Wunder wirken und bringen die Zähne von harten Bootsmännern kleinen Kindern und deren schönen Müttern zum Blitzen.

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706 mal erzählt

30
Nov
2014

Nachtrag Sansibar I: Glaube mir, liebes Kind…

„Zzzzanzzzzzzibar“, trällerte das Gotlkind zum Abschied fröhlich, fast wie eine Beschwörungsformel. Sie hat es richtig ausgesprochen, sagt der 1. Offizier am letzten Tag in Zanzibar, Sansibar. Das S klingt wie die Grillen im Baum vor unserem Hotelzimmer. Das Wort allein, verspricht Paradiese. Der schönste Platz meinte einer, dem ich vertraue, vor vielen Jahren, Herr Nikowitz als Backpacker und überhaupt Welt erfahren. „Wenn du mich fragst, wo es am schönsten war, sag ich Sansibar“.

Ich bin Urlaubsstreberin – ich stimme mich gerne ein, ich liebe das Abenteuer, aber das stellt sich soundso von selbst ein. Also haben wir vom Vorderdeck aus gebucht, sind im Netz an die Insel herangesurft und haben mit Amo und Noreen genau die Richtigen erwischt. Und dann Planungsphase; Suaheli lernen, nicht nur per aufgeklebter Zettel am Klo, auch per App und auch als Extrakategorie beim wöchentlichen Badewannen-Scrabble eingeführt. „Soma“.„Mbili Pombe, asante sane.“ „Ninakupenda“ und „Jambo“, natürlich Jambo. „Sijambo“ „Mambo“ „Pfoah.“ Ein paar Zahlen, und Tiernamen…Kuku. Mbuzi. Ngombe. Kompjuta.

Hapane heißt „Nein“. Was für ein langes Wort um „Nein“ zu sagen, drei ganze Silben, wo uns eine genügt, ein ausatmendes Ha, wo wir mit der Zungenspitze an den Vorderzähnen den Mund verschließen, bleibt dieses Nein offen. Hakuna Matata.

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740 mal erzählt
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Mock Turtle

Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

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Im Bilde

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