Der König und ich
Mein Kinderzimmer war niemals Kinderzimmer und auch nicht mein. Wenn ich zuhause bin, wo ich zuhause war, schlafe ich nicht mehr dort. Ich schlafe im Elternschlafzimmer, das zuletzt das Schlafzimmer meines Vaters war. Auch nicht seines, auch wenn in den Kästen noch immer seine Hemden hängen und in den Regalen seine Bücher stehen. In zwei Schubladen findet sich Persönliches. Nichts hat sich verändert, seit er nicht mehr ist. Nur wenig Spuren dort, dass er da war.
Auch in meinem Kinderzimmer hat sich kaum etwas geändert, seit ich vor mehr als 20 Jahren weg gezogen bin. In den Regalen stehen meine Kinderbücher, an den Wänden hängen noch immer die alten Poster: Klimt und Toulouse-Lautrec. Puppen sitzen herum, mit denen ich nie gespielt habe. Die altrosa Tagesdecke liegt auf dem schmalen Bett. Ich weiß nicht mehr wirklich, ob ich mir die Poster ausgesucht habe. Die Decke wollte ich nie. Ich mochte rosa nicht. Stets musste sie glatt gestrichen werden, wenn ich aufstand und das Zimmer verließ, fast wie um die Spuren des Lebendigen zu verwischen. Alles in diesem Haus wirkt unbelebt, frei von Spuren.
An einer Wand hängt König Harald. Schon als ich ein kleines Mädchen war, war er in seinem weinroten Rahmen mit der goldenen Krone mein Mitbewohner. Lange wusste ich nicht, wer hier mit stillem Lächeln über mich wachte. Er sah meinem Kinderarzt ähnlich und so vermutete ich eine Zeit lang, es sei dieser auf dem Bild und er stünde dort, um böse Krankheiten und Unbill abzuwehren.
Fremd ist mir das Zimmer, manchmal stehe ich in der Türe und suche die Spuren des kleinen Mädchens, das hier aufgewachsen ist. Ein kleines Schaden in der hölzernen Betturmrahmung zeugt noch von ersten Schreibversuchen, ein winziges Bild vom Tödlein erinnert an eine große Liebe, in einer Schublade finden sich zwei, drei Fotos und ein wenig Krimskrams, dort unter dem Schreibtisch verkroch das kleine Mädchen sich, wenn der Kummer mächtig war und biss sich in den Handrücken bis der körperliche Schmerz den seelischen besiegt hatte. Beim Fenster hinaus rauchte der Teenager Chesterfield. Erinnerungen ja, aber kaum Spuren.
Manchmal erscheint mir nur mehr der fremde König vertraut.

Auch in meinem Kinderzimmer hat sich kaum etwas geändert, seit ich vor mehr als 20 Jahren weg gezogen bin. In den Regalen stehen meine Kinderbücher, an den Wänden hängen noch immer die alten Poster: Klimt und Toulouse-Lautrec. Puppen sitzen herum, mit denen ich nie gespielt habe. Die altrosa Tagesdecke liegt auf dem schmalen Bett. Ich weiß nicht mehr wirklich, ob ich mir die Poster ausgesucht habe. Die Decke wollte ich nie. Ich mochte rosa nicht. Stets musste sie glatt gestrichen werden, wenn ich aufstand und das Zimmer verließ, fast wie um die Spuren des Lebendigen zu verwischen. Alles in diesem Haus wirkt unbelebt, frei von Spuren.
An einer Wand hängt König Harald. Schon als ich ein kleines Mädchen war, war er in seinem weinroten Rahmen mit der goldenen Krone mein Mitbewohner. Lange wusste ich nicht, wer hier mit stillem Lächeln über mich wachte. Er sah meinem Kinderarzt ähnlich und so vermutete ich eine Zeit lang, es sei dieser auf dem Bild und er stünde dort, um böse Krankheiten und Unbill abzuwehren.
Fremd ist mir das Zimmer, manchmal stehe ich in der Türe und suche die Spuren des kleinen Mädchens, das hier aufgewachsen ist. Ein kleines Schaden in der hölzernen Betturmrahmung zeugt noch von ersten Schreibversuchen, ein winziges Bild vom Tödlein erinnert an eine große Liebe, in einer Schublade finden sich zwei, drei Fotos und ein wenig Krimskrams, dort unter dem Schreibtisch verkroch das kleine Mädchen sich, wenn der Kummer mächtig war und biss sich in den Handrücken bis der körperliche Schmerz den seelischen besiegt hatte. Beim Fenster hinaus rauchte der Teenager Chesterfield. Erinnerungen ja, aber kaum Spuren.
Manchmal erscheint mir nur mehr der fremde König vertraut.

katiza - 28. Apr, 12:36
6 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
819 mal erzählt
elke66 - 28. Apr, 14:12
"Erinnerungen ja, aber kaum Spuren" schreiben Sie und hinterlassen damit Spuren. Nach dem Lesen, bei mir. Danke, ich mag sie sehr, Ihre feinfühligen, genau beobachteten Geschichten.
Anousch O. - 29. Apr, 14:44
Seltsam, als stellte ich gerade zum ersten Mal fest, dass es einen solchen Ort für mich nicht mehr gibt. Ich kann nirgendwo hin, es gibt kein Museum meines Lebens. Ob das die Trauer mindert? Ich weiß es nicht.
Aber ich bin so dankbar für Deine Geschichten.
Aber ich bin so dankbar für Deine Geschichten.
katiza - 30. Apr, 09:56
Vielen Dank, Ladies, dabei fürchter ich derzeit fast ein wenig meine Sprache zu verlieren, von meinen Geschichten verlassen zu sein, nirgends mehr hinzugehören. Und dann kann ich mich wieder nur Dr. Schein anscließen: Wie gut. dass es Blogs gibt!
elke66 - 30. Apr, 10:45
Es wäre ein ganz besonderer Verlust, sollten Sie wirklich die Sprache verlieren und die Geschichten vor Ihnen reißaus nehmen. Allerdings glaube ich nicht daran. Und auch nicht daran, dass es gut ist, dass es Blogs gibt. Oder doch? Ich weiß es nicht. Und es ist ja auch nicht wichtig. Denn es gibt beides: Blogs und Ihre Geschichten. Und hoffentlich noch viele und lange Zeit.
Aurisa - 2. Mai, 17:27
Seltsam... in ein so fremdes vertrautes zurückzukommen...
Ich glaube ich kenne das Gefühl so nicht... denn ich bin niemals wirklich weggegangen...
Mir ist hier darum niemals etwas fremd geworden...
Und alles was anders wurde hat sich langsam verändert...
Ob das aber besser ist... daran habe ich meine Zweifel...
Ich glaube ich kenne das Gefühl so nicht... denn ich bin niemals wirklich weggegangen...
Mir ist hier darum niemals etwas fremd geworden...
Und alles was anders wurde hat sich langsam verändert...
Ob das aber besser ist... daran habe ich meine Zweifel...
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