Still und starr ruht der See
Gerade eben hatte die Mutter gesagt, dass sie sich einen Germguglhupf wünsche, wie von ihrer Mutter. Das hat sie schon früher gesagt, einmal vor einem Jahr etwa hat das Kind sogar einen gebacken, im Flugzeug mitgebracht, voller Vorfreude und begleitet vom Lächeln freundlicher Stewardessen, die gerührt waren vom originellen Handgebäck. Er hat nicht wirklich geschmeckt, wie er schmecken sollte, wie auch, war ja ein Kindertraumgugelhupf der Mutter, niemals würde ein Gugelhupf wohl wieder so schmecken, vielleicht kann sie sich deswegen nicht mehr daran erinnern, vielleicht erinnere ich mich deswegen so gut daran.
Sie spricht viel von ihren Eltern, der harten Kindheit, Opfern, Leiden, längst vergangenen Zeiten. Von „unserer“ Zeit spricht sie nie. An meinem Leben interessiert sie nur die äußere Form. Ich hab mir vorgenommen, ihr nicht vom Einen zu erzählen, um ihn, um mich, um uns, um die Liebe zu schützen, auch wenn es schwer fällt, weil ich so glücklich bin, das Glück gern teilen würde und ihm irgendwann mein Leben hier zeigen. Doch ich weiß, dass sie ihn, ihr Wissen benutzen würde, um mich zu verletzen, so schweige ich. Sie fragt auch nicht und so muss ich nicht lügen.
In der Weihnachtsnacht entkomme ich kurz. Zum Gotlkind darf ich, der kleinen Mimi und ihrer Familie. Die Kinder lachen und Prinzessin Mausezahn lädt mich ein, oben in ihrem Stockbett zu schlafen. Das ist mein schönstes Weihnachtsgeschenk, die Nacht im Kinderzimmer, im Stockbett, das hustende Mädchen unter mir. Die Erwachsenen machen mir Angst, ihre Bitterkeit, die Härte und da wie dort ist es wie Gehen auf dünnem Eis.
Still und starr ruht der See, dort wo ich meinem Vater begegne. Ihm erzähle ich von meinem Glück, meinem Leben, meiner Liebe und von damals, als ich Kind war. Und es scheint, als wäre er der Einzige hier, der sich an mich erinnern kann.

"Mag die Mama mich überhaupt?" fragt sich das Kind... schon lange.
Mir sind die Menschen nicht zwider, Herr Steppenhund, im Gegenteil. . Das habe ich von meinem Vater gelernt (und auch von meiner Mutter),: Die Menschen zu lieben, zu achten, zu respektieren. Mit Fremden tut sich die Mutter da leichter....
Übrigens die großartige Esther Phillips ist die zweite Sängerin, die meine Mimi für ihre Schallplattensammlung bekommt, letztes Jahr war es Nina Simone....
Oh, ich bin davon überzeugt, dass meine Mutter ihr Kind mag, Madame, und manchmal sogar mit mir verwechselt ;-).....
Für mich ist das unfassbar.
Letztens las ich auf einer Internetseite gute Tipps, wie man mit schwierigen Situationen umgehen kann. Leave it, love it or change it.
Und beim "Love it" stand folgendes:
Was vielen hilft, ist der Gedanke. „Das ist jetzt einfach Training für mich.“
Oder falls Sie lieber spiritueller an die Sache herangehen möchten, dann sagen Sie sich einfach: Dieser Mensch ist ein Engel, der mir geschickt wurde, um etwas Bestimmtes zu verstehen oder zu lernen.
Danke, dass du mir durch deine Art dabei hilfst, als Mensch zu wachsen.“
Ich denk mir das jetzt manchmal bei einer Kollegin... ob es hilft, weiß ich noch nicht, es bringt mich aber auf jeden Fall zum Lachen. Mit der eigenen Mutter ist es natürlich viel schwieriger. Marathontraining ;-)
Liebe bezaubernde B., wie recht Sie haben - ich nenne es nicht umsonst für mich Zen oder die Kunst meine Mutter zu lieben - wie im Jujukinkai oder im Naikan übe ich mich in Willenlosigkeit, im Loslassen. Ich lasse sie entscheiden, bringe meinen krakelenden Affengeist zum Schweigen und denke an die anderen 350 Tage im Jahr, an denen ich mein Leben selbstbestimmt leben kann, wenn ich will sogar mit Meditation und Zazen. Ich betrachte es als Übung, werde mir klar darüber, wieviel Glück ich habe, erlebe und empfinden kann und dass das bei all dem Wahnsinn auch ein wenig aus ihrem Leben/Seiin kommt, dass da ja auch was richtig gelaufen ist, sonst wäre ich nicht der Mensch der ich bin mit all meiner Kraft und Liebesfähigkeit - nur manchmal weint mir das einsame kleiine Mädchen die Ohren voll. Dann schrei ich mein Leid in Staben gekleidet hinaus, bis ihr mir den Kopf streichelt und meine Wunden leckt. Danke dafür!
meine zB war auch immer eine, die nie zeigen konnte, die nicht wusste wie ... eigenartigerweise, find ich sie - jetzt nachdem der Herr Vorahn nimma is - fast zugänglicher, offener ....
ich kenn auch ihre Geschichte und denk, sie kann halt auch ned raus, aus ihrer Haut ....
deine liebt dich sicher, aber das Zeigen, das is halt so ne eigene Sache, ich glaub manchmal, das habens irgendwie ned gelernt ... auf jeden Fall wünsch ich alles sternverstaubt Liebe !!!
So sonderbar die Zeit auch ist, bei Zeus, Marschallin...
Liebt man aneinander vorbei...da haben Sie recht Herr Jossele...
Wohl wahr, Frau Rinpotsche und meistens bin ich reif genug, dass mir das gelingt, aber zur Weihnachtszeit im Elternhaus ohne den geliebten Vater, tu ich mich manchmal hart damit. Da erschleich ich mich durch Befindlichkeitsbloggen virtuelle Zuneigung... die Tränen sind getrocknet und ich lächle am Weg zurück in mein Leben.Ich liebe meine Mama, das können Sie mir glauben ...auch dass ich (meist) ein reifes und freundliches Wesen an den Tag lege
Jedenfalls war sie eine gebildete und erfolgreiche Frau, die sich ihre Ablehnung meiner Person durchaus hätte einmal bewusst werden können. Vielleicht, bzw. später sicherlich, handelte es sich auch um eine furchtbare Form des Neides, denn nach außen hin prahlte sie mit meinen Leistungen. Ein Langzeitteufelskreis, denn meine Mühen resultierten aus der permanenten Unzulänglichkeit, die sie mir hart reflektierte.
Sie starb jämmerlich aus dem Koma heraus, so dass wir uns auch zum Ende hin nicht über unsere eigentlichen Sehnsüchte unterhalten konnten. Bedauerlich, aber ehrlich gesagt, hatte ich in ihrer Gegenwart kaum mehr Sehnsucht formulieren können, als die nach Flucht. Es bleibt also für alle meine Zeit ein Wunschdenken.
Immerhin war sie eine gute Oma zu meinen Kindern, die ich nicht besitze -soviel habe ich gelernt.
Oh, ertappt, noch ganz im Bann der Mutter stehend habe ich - schuldbewusst (pathtischer Verrat an der Mutter im Netz, Jammerblogging, schwieriger Abschied "Hätte ich doch ein anderes Kind, einen Sohn...") - alles auf mich gemünzt, mein eigenes Lapidarium mit Worten aufwischend. Ja, es ist wohl viel Neid in diesem Zorn, der Verzweiflung. Das habe ich gestern Abend auch im Gespräch mit einer Freundin reflektiert. Nie konnte sie das Leben leben, das ich lebe und das, das sie wollte, kann ich nicht leben, weil weder sie noch ich wissen, wie es ausgesehen hätte.
Auch meine Freundin hat eine Tochter, die jetzt so alt ist wie unsere Freundschaft, ihr tut einen guten Job, ihr lebt euer Leben und begreift, dass ihr eure Kinder nicht besitzt (oder besetzt, wie ich es in meinem Falle nennen möchte...Ein gutes, glückliches, Wunder- und Liebe-volles neues Jahr, Ihnen liebe Frau Rinpotsche, vielleicht treffen wir uns ja mal im wirklichen Leben....
Meine Neugier habe ich mir selbst bewahrt -besonders auf Sie, Katiza, und die soll, zusammen mit meinem fest aus der Luft gegriffenem Selbstbewusstsein, einen Teil meiner guten Wünsche für Sie ins Neue Jahr ausmachen! ;)
Ich versuche mir...
Das Gemeine ist: Auch wenn letzteres der Fall wäre, und man "einfach" drüber stehen könnte: "Einfach" ist es eben doch nicht. Ich habe noch nicht herausgefunden, ob man je länger als zwei Momente lang erwachsen genug ist, um über den Schwächen seiner Eltern zu stehen.
Trackback URL:
https://katiza.twoday-test.net/stories/59212070/modTrackback