Der Panther
In der U6, Wien
Am Bahnsteig der U6 – Alser Straße. Die U-Bahn fährt ein. Viele Menschen, einer fällt mir auf. Es sind die Augen, blaugrün mit stecknadelgroßen Pupillen. Niemanden scheint er wahrzunehmen, als er mit mir die einfahrende U-Bahn betritt. Ich kann meine Augen nicht von ihm lösen, von seinem Blick. Er bemerkt mich nicht, niemanden.
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Ein magerer Junge. Hübsch, denke ich. Er trägt ein Muskelshirt, weiß, ziemlich weiß. Sein zäher Körper zeichnet sich darunter ab, er hat keine Tattoos. Armbänder trägt er. Er bewegt sich Katzenartig geschmeidig durch die Menschen, kommt niemandem zu nahe und streift nicht an. Er wirkt trainiert.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Er hat kein Handy, keine Kopfhörer, die Musik, die ihm den Rhythmus seiner schlingenden Bewegungen in der U-Bahn vorgibt, gehört ihm allein. Er scheint nichts zu haben als seinen Kopf, das T-Shirt und die engen Hosen an seinen dünnen Beinen. Da hat nichts Platz, denke ich mir, wo hat er seine Habseligkeiten?
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Er steigt bei der Station Gumpendorfer Straße aus. Ich schaue ihm nach. Seine Habse(e)ligkeiten hat er wohl in seiner Hosentasche. Ein paar zerknüllte Scheine oder ein Päckchen von dem Stoff, aus dem seine Träume sind. Ein hübscher Junge. Wenig später sehe ich Schiele auf einer Litfaßsäule. Er sah ihm ähnlich.
Eine Variation auf Rainer Maria Rilke „Der Panther. Im Jardin des Plantes, Paris“ für Dominik Leitner schönes Projekt *txt - das fünfte Wort: Habseligkeiten.
Am Bahnsteig der U6 – Alser Straße. Die U-Bahn fährt ein. Viele Menschen, einer fällt mir auf. Es sind die Augen, blaugrün mit stecknadelgroßen Pupillen. Niemanden scheint er wahrzunehmen, als er mit mir die einfahrende U-Bahn betritt. Ich kann meine Augen nicht von ihm lösen, von seinem Blick. Er bemerkt mich nicht, niemanden.
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Ein magerer Junge. Hübsch, denke ich. Er trägt ein Muskelshirt, weiß, ziemlich weiß. Sein zäher Körper zeichnet sich darunter ab, er hat keine Tattoos. Armbänder trägt er. Er bewegt sich Katzenartig geschmeidig durch die Menschen, kommt niemandem zu nahe und streift nicht an. Er wirkt trainiert.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Er hat kein Handy, keine Kopfhörer, die Musik, die ihm den Rhythmus seiner schlingenden Bewegungen in der U-Bahn vorgibt, gehört ihm allein. Er scheint nichts zu haben als seinen Kopf, das T-Shirt und die engen Hosen an seinen dünnen Beinen. Da hat nichts Platz, denke ich mir, wo hat er seine Habseligkeiten?
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Er steigt bei der Station Gumpendorfer Straße aus. Ich schaue ihm nach. Seine Habse(e)ligkeiten hat er wohl in seiner Hosentasche. Ein paar zerknüllte Scheine oder ein Päckchen von dem Stoff, aus dem seine Träume sind. Ein hübscher Junge. Wenig später sehe ich Schiele auf einer Litfaßsäule. Er sah ihm ähnlich.
Eine Variation auf Rainer Maria Rilke „Der Panther. Im Jardin des Plantes, Paris“ für Dominik Leitner schönes Projekt *txt - das fünfte Wort: Habseligkeiten.
katiza - 28. Jun, 12:15
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