My private Guantanamo…
Und manchmal verwandelt sich mein Ashram, mein Zen-Kloster in ein Gefängnis. Zeit und Raum gehören mir schon lange nicht mehr. Weder am Tag noch in der Nacht. Mein Radius ist eine Stunde, am Wochenende unser Radius. Die restliche Zeit verbringe ich in Rufbereitschaft, zehn, zwölf, fünfzehn mal, ruft mich der vertraute Klingelton; erinnert mich an mein Versprechen. Und dann noch die Zeit zu ihren Füßen; und immer wieder Klo. Längst habe ich den Ekel abgelegt, längst vermeine ich den süßlichen Pissegeruch, der sich im Sommer auch nachts durch die Plastiksäcke drängt nicht mehr los zu werden.
Der Zorn bricht sich schon wieder Raum; von vier Krankenschwestern kann letztendlich nur eine bestehen. Bei den anderen lässt die Eiskönigin bei 34 Grad im Schatten die Luft gefrieren: Zu dick, zu unfrisiert, zu nett, zu…. Einen Teil meiner einzigen freien Stunden im Tagesverlauf verbringe ich also lauschen in der Küche und tröste die Schwestern, wenn sie aus dem Haus geschickt werden. „Klo“, sagt sie, während die Türe noch ins Schloss fällt. Sogar die Hospizschwester schickt sie weg. „Krankheitsfolgen“, vermuten die Schwestern. Nein, muss ich mich stetig erinnern, ich kenne diese Blicke, dieses Schweigen, diesen Zorn, diese Anschuldigen, seit ich Menschen kenne.
Gerade eben vermeinte ich sie hinter der Scheibe wahr zu nehmen. Sie öffnete das Fenster nicht, eine Minute später mein Handy, ich laufe hinein. „Klo – so wie du läufst, wenn ich dich rufe, musst du mich lieb haben.“ Klo. Scheiße. „ich kann nicht Gedanken lesen, Mama, niemand kann das, du musst sagen, was du willst…“ Sie tätschelt mich.
Und dann sagt sie, was sie will, irgendwann, wenn ich gerade sitze, lese oder schreibe. „Nudeln“ – und die sofort, mit Fertigsauce. Ich erkläre, wie wichtig mir das kochen ist, wie es mich befreit und dass ich ihr ihres und mir meines koche. Drei Stunden köchelt die Rindssuppe, als ich aus dem Keller retour komme, steht sie mit der M*ggi-Flasche davor. „Wenn du mich anschreist, wissen die Leute, dass du nicht so gut bist, wie du tust“, ich wusste, dass das kommt, immer wieder. Die Leute, Außenwirkung. Sie hebt die Hände, wie um mich zu schlagen. „Woher kommt dein Hass?“ fragt sie – „Es ist Liebe, Mama, weder Eitelkeit noch Hass.“ Ich verletze sie, mich auch.
Nur mehr an meiner Lautstärke kann sie sich festkrallen, kaum mehr an meinen Worten. „Schrei nicht mit mir“, ich senke die Stimme. „Aber du kannst den Martin bei dir haben, du hast deine Wohnung, dein Leben“ – das ich mir verdient und erarbeitet habe, verdiene und erarbeite. Es ist nicht die Krankheit, nicht diese Krankheit, nicht der Krebs, nicht der Ikterus, es sind nicht die Medikamente. Es ist die andere, die viel, viel ältere, die mehr an mir als ihr nagt, mir mehr Schmerzen bereitet oder ähnlich viele.
Daran muss ich mich erinnern, um mich nicht einlullen zu lassen vom Lächeln, den Komplimenten, die sich auf das Aussehen beschränken, vom Verständnis. Sie ist nicht immer so, sie hat auch schon des Nachts ausgeharrt, um mich nicht zu rufen, sie bedankt sich, sie sagt: „Das könnte ich nicht“ Und sie sagt in einem unserer letzten Streits die Wahrheit: „Ich liebe dich, ich hab ja sonst niemanden.“ Die Menschen hier in den Bergen sind so stolz auf ihre Ehrlichkeit.
Es ist Liebe, Mama, Liebe zu dir und Papa, zum Leben und den Menschen. Und es ist gut so.
Der Zorn bricht sich schon wieder Raum; von vier Krankenschwestern kann letztendlich nur eine bestehen. Bei den anderen lässt die Eiskönigin bei 34 Grad im Schatten die Luft gefrieren: Zu dick, zu unfrisiert, zu nett, zu…. Einen Teil meiner einzigen freien Stunden im Tagesverlauf verbringe ich also lauschen in der Küche und tröste die Schwestern, wenn sie aus dem Haus geschickt werden. „Klo“, sagt sie, während die Türe noch ins Schloss fällt. Sogar die Hospizschwester schickt sie weg. „Krankheitsfolgen“, vermuten die Schwestern. Nein, muss ich mich stetig erinnern, ich kenne diese Blicke, dieses Schweigen, diesen Zorn, diese Anschuldigen, seit ich Menschen kenne.
Gerade eben vermeinte ich sie hinter der Scheibe wahr zu nehmen. Sie öffnete das Fenster nicht, eine Minute später mein Handy, ich laufe hinein. „Klo – so wie du läufst, wenn ich dich rufe, musst du mich lieb haben.“ Klo. Scheiße. „ich kann nicht Gedanken lesen, Mama, niemand kann das, du musst sagen, was du willst…“ Sie tätschelt mich.
Und dann sagt sie, was sie will, irgendwann, wenn ich gerade sitze, lese oder schreibe. „Nudeln“ – und die sofort, mit Fertigsauce. Ich erkläre, wie wichtig mir das kochen ist, wie es mich befreit und dass ich ihr ihres und mir meines koche. Drei Stunden köchelt die Rindssuppe, als ich aus dem Keller retour komme, steht sie mit der M*ggi-Flasche davor. „Wenn du mich anschreist, wissen die Leute, dass du nicht so gut bist, wie du tust“, ich wusste, dass das kommt, immer wieder. Die Leute, Außenwirkung. Sie hebt die Hände, wie um mich zu schlagen. „Woher kommt dein Hass?“ fragt sie – „Es ist Liebe, Mama, weder Eitelkeit noch Hass.“ Ich verletze sie, mich auch.
Nur mehr an meiner Lautstärke kann sie sich festkrallen, kaum mehr an meinen Worten. „Schrei nicht mit mir“, ich senke die Stimme. „Aber du kannst den Martin bei dir haben, du hast deine Wohnung, dein Leben“ – das ich mir verdient und erarbeitet habe, verdiene und erarbeite. Es ist nicht die Krankheit, nicht diese Krankheit, nicht der Krebs, nicht der Ikterus, es sind nicht die Medikamente. Es ist die andere, die viel, viel ältere, die mehr an mir als ihr nagt, mir mehr Schmerzen bereitet oder ähnlich viele.
Daran muss ich mich erinnern, um mich nicht einlullen zu lassen vom Lächeln, den Komplimenten, die sich auf das Aussehen beschränken, vom Verständnis. Sie ist nicht immer so, sie hat auch schon des Nachts ausgeharrt, um mich nicht zu rufen, sie bedankt sich, sie sagt: „Das könnte ich nicht“ Und sie sagt in einem unserer letzten Streits die Wahrheit: „Ich liebe dich, ich hab ja sonst niemanden.“ Die Menschen hier in den Bergen sind so stolz auf ihre Ehrlichkeit.
Es ist Liebe, Mama, Liebe zu dir und Papa, zum Leben und den Menschen. Und es ist gut so.
katiza - 16. Jun, 20:48
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