Die Jugend im goldenen Rahmen
Seit Jahren blickt sie auf mich herab von ihrem Platz an der Wand. Halb so alt wie ich heute, wenn überhaupt. Die Jugend im goldenen Rahmen. Gestern hat sie mir zugelächelt, da bin ich mir sicher.

Mein Freund der Fotograf mochte nicht, wenn ich lächelte. Er selbst lächelte ja auch nie; er mochte die sinnlichen Blicke über vollen Lippen und das Androgyne in mir. Deswegen hatten wir diese Bilder auch in einem Herrenklo geschossen, Glencheck-Hose, Hosenträger und der Pünktchen-BH seiner Freundin. Ich hatte so was nicht, brauchte ich auch nicht wirklich.
Zwischen den Geschlechtern, rasierend vor dem Spiegel, lässig ans Pissoir gelehnt, stolz und verletzlich und ein wenig trotzig. Heute trage ich wieder dieselben Ringe, die anderen habe ich abgelegt, sie passen nicht mehr. Auch die Frisur ähnelt der des Mädchens auf dem Bild. Ein Leben mit Locken, keinen kleinen feinen, eher wilden, unzähmbaren.
Nein, ich wollte nicht Modell werden damals, hin und wieder ein paar Dirndlfotos, um die Kassa aufzubessern, nichts weiter. Prostitution sei das, meinte mein damaliger Freund, Eitelkeit, Äußerlichkeiten und das war dann Grund genug, die Zwischen-den-Geschlechtern-Bilder zu machen. Die haben wir nur für uns gemacht, der Fotograf und ich, wie noch eine Session, Jahre später; und diese Bilder haben so viel für mich getan seither. Sie sind mir Antidepressivum und Begegnung mit dem jüngeren Selbst.
Sie war schön, das Mädchen auf dem Bild. Sie spürte ihre Macht durch und ihren Hunger auf Liebe und Lust, Großes wollte sie vollbringen, Burgtheaterdirektorin oder ORF-Generalintendantin werden, der Mann an ihrer Seite würde nicht der Mann ihres Lebens sein, das wusste sie schon damals. Es würden andere kommen, auch das wusste sie. Dass es einen Mann ihre Lebens geben würde, konnte, wollte sie kaum glauben. Dass sie zehn Jahre später heiraten würde, hat sie sich nicht gedacht, dass eine Liebe zwanzig Jahre währen kann, auch nicht. Dass Ihr Freund, der Fotograf sich Jahre später erhängen würde, ahnte sie nicht.

Sie war auf dem Sprung nach Wien, endlich erwachsen, Theaterwissenschaft und Publizistik, die erste Wohnung mit Klo am Gang, aber auch die schon im Achten; nur ein paar hundert Meter entfernt von dem Bett, in dem ich an diesem Samstagmittag frühstücke, als sie mir zulächelt. Von einer Wohnung mit Billardtisch hatte sie geträumt, von Erfolg, selbstbestimmtem Leben, einem jüngeren Liebhaber vielleicht, von der Bühne soundso immer.
Es ist ein glücklicher Samstag und ich begegne meiner Jugend im goldenen Rahmen. Nein, nie mehr wieder möchte ich so jung sein, aber die Träume, die Tatsache, dass alles offen ist und das Gefühl, alles zu wissen, über alles urteilen zu können, nutzen sich ab im Lauf der Jahre. An diesem Samstag habe ich das Gefühl vor ihrem Urteil bestehen zu können, ich hab den Eindruck, sie ist fast ein wenig stolz auf mich.

Abends lesen (und tanzen) die toll3sten Weiber in Mistelbach, ein Lächeln begleitet mich durch Tag und Nacht, immer neue faszinierende Begegnungen, fast wie damals, als das junge Mädchen in die Hauptstadt aufgebrochen ist, fühlt es sich an, alles ist offen und ich weiß, dass ich nie genug weiß, um urteilen zu können.
Bevor ich einschlafe, lächle ich ihr noch einmal zu: Es ist viel passiert, dass du dir in deinen kühnsten Träumen nicht hättest vorstellen können, Wundervolles und Schreckliches. Was du damals nicht gewusst, nicht wirklich geahnt hast, ist, wie glücklich dein Leben im Endeffekt sein wird, ein Geschenk voll wunderbarer Menschen und Erlebnissen, so viel Liebe, so viel Spaß, so viel Gutes, so viel Lernen, Abenteuer. Die Schmerzen, das Leid, die Enttäuschungen und den Kummer hast du damals geahnt. Das Glück nicht. Insofern ist mein Leben glücklicherweise aus dem Rahmen gefallen…..

Mein Freund der Fotograf mochte nicht, wenn ich lächelte. Er selbst lächelte ja auch nie; er mochte die sinnlichen Blicke über vollen Lippen und das Androgyne in mir. Deswegen hatten wir diese Bilder auch in einem Herrenklo geschossen, Glencheck-Hose, Hosenträger und der Pünktchen-BH seiner Freundin. Ich hatte so was nicht, brauchte ich auch nicht wirklich.
Zwischen den Geschlechtern, rasierend vor dem Spiegel, lässig ans Pissoir gelehnt, stolz und verletzlich und ein wenig trotzig. Heute trage ich wieder dieselben Ringe, die anderen habe ich abgelegt, sie passen nicht mehr. Auch die Frisur ähnelt der des Mädchens auf dem Bild. Ein Leben mit Locken, keinen kleinen feinen, eher wilden, unzähmbaren.
Nein, ich wollte nicht Modell werden damals, hin und wieder ein paar Dirndlfotos, um die Kassa aufzubessern, nichts weiter. Prostitution sei das, meinte mein damaliger Freund, Eitelkeit, Äußerlichkeiten und das war dann Grund genug, die Zwischen-den-Geschlechtern-Bilder zu machen. Die haben wir nur für uns gemacht, der Fotograf und ich, wie noch eine Session, Jahre später; und diese Bilder haben so viel für mich getan seither. Sie sind mir Antidepressivum und Begegnung mit dem jüngeren Selbst.
Sie war schön, das Mädchen auf dem Bild. Sie spürte ihre Macht durch und ihren Hunger auf Liebe und Lust, Großes wollte sie vollbringen, Burgtheaterdirektorin oder ORF-Generalintendantin werden, der Mann an ihrer Seite würde nicht der Mann ihres Lebens sein, das wusste sie schon damals. Es würden andere kommen, auch das wusste sie. Dass es einen Mann ihre Lebens geben würde, konnte, wollte sie kaum glauben. Dass sie zehn Jahre später heiraten würde, hat sie sich nicht gedacht, dass eine Liebe zwanzig Jahre währen kann, auch nicht. Dass Ihr Freund, der Fotograf sich Jahre später erhängen würde, ahnte sie nicht.

Sie war auf dem Sprung nach Wien, endlich erwachsen, Theaterwissenschaft und Publizistik, die erste Wohnung mit Klo am Gang, aber auch die schon im Achten; nur ein paar hundert Meter entfernt von dem Bett, in dem ich an diesem Samstagmittag frühstücke, als sie mir zulächelt. Von einer Wohnung mit Billardtisch hatte sie geträumt, von Erfolg, selbstbestimmtem Leben, einem jüngeren Liebhaber vielleicht, von der Bühne soundso immer.
Es ist ein glücklicher Samstag und ich begegne meiner Jugend im goldenen Rahmen. Nein, nie mehr wieder möchte ich so jung sein, aber die Träume, die Tatsache, dass alles offen ist und das Gefühl, alles zu wissen, über alles urteilen zu können, nutzen sich ab im Lauf der Jahre. An diesem Samstag habe ich das Gefühl vor ihrem Urteil bestehen zu können, ich hab den Eindruck, sie ist fast ein wenig stolz auf mich.

Abends lesen (und tanzen) die toll3sten Weiber in Mistelbach, ein Lächeln begleitet mich durch Tag und Nacht, immer neue faszinierende Begegnungen, fast wie damals, als das junge Mädchen in die Hauptstadt aufgebrochen ist, fühlt es sich an, alles ist offen und ich weiß, dass ich nie genug weiß, um urteilen zu können.
Bevor ich einschlafe, lächle ich ihr noch einmal zu: Es ist viel passiert, dass du dir in deinen kühnsten Träumen nicht hättest vorstellen können, Wundervolles und Schreckliches. Was du damals nicht gewusst, nicht wirklich geahnt hast, ist, wie glücklich dein Leben im Endeffekt sein wird, ein Geschenk voll wunderbarer Menschen und Erlebnissen, so viel Liebe, so viel Spaß, so viel Gutes, so viel Lernen, Abenteuer. Die Schmerzen, das Leid, die Enttäuschungen und den Kummer hast du damals geahnt. Das Glück nicht. Insofern ist mein Leben glücklicherweise aus dem Rahmen gefallen…..
katiza - 17. Apr, 12:19
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