10
Dez
2010

Ästhetik des Alltäglichen

Stark und pulsierend spüre ich das Leben in mir, wie eine stetig schwingende Energiesäule, wie heißes Magma in einem Vulkan.

Mit raschen Schritten sause ich von Termin zu Termin; im Fluss. Und das Leben belohnt mich, Bei der Kampfkunst kämpfe ich vor allem gegen alte Ängste der kleinen Turtle, ungeschickt zu sein, a Patschgogl, wie man bei uns daheim zu ungelenken Kindern sagt, und die Turtle war ein solches, Angst, nicht gewählt zu werden, wie einst beim Völkerball, die ehrgeizigen jungen Trainingspartnerinnen zu nerven. Doch ich besiege die Angst, sehe, spüre sie auch bei anderen und gehe aus jeder Trainingseinheit sicherer hervor.

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Diesmal in Richtung eines „unbefleckten“ Zusammensitzens mit jungen Menschen. Die Gastgeberin, das Schildkrötenmädchen, könnte vom Alter her meine Tochter sein, doch sie nimmt mich auf als Freundin, auch da unterstützen die neuen Medien, wir nähern uns über diese Netzwerke, kuscheln verbal und mit Tubes, weniger im wirklichen Leben, wenn wir zusammenarbeiten. Mit den anderen Anwesenden verhält es sich ganz ähnlich. Die Buben fotografieren und filmen mit Kameras und Handys, meine „geschätzten Augen“ sind auch dabei. Wie damals denke ich mir, als im Freundeskreis Autofahrten, Feste und Bandproben gedreht wurden, Kilometer von Film, kamerafahrten aus der Hundperspektive, selten geschnitten und aufbereitet. Die Geschichten wiederholen sich, atmosphärisch verwandt, aber irgendwie sauberer, weniger Rausch als damals. Die Bilder landen heute auf Facebook, damals in Kisten. „Wer behält die Fotos? Unser Leben in Bildern“, twittert mir durch den Kopf.

Irgendwann erzähle ich betrunken von damals, der Liebe in Zeiten des Anrufbeantworters, der Liebe in Zeiten des Vierteltelefons, als es noch überall Telefonzellen gab, zum Schmusen drinnen und ich stundenlang Patiencen legte, wartend auf Anrufe, die nie kamen oder nur dann, wenn niemand zu Hause war; wohl. Mixtapes sind ihnen noch geläufig, sie haben sich im FM4-Chat kennen gelernt. Das Frettchen kommt mir in den Sinn. Eine Mix–CD haben sie schon lange nicht, wohl noch nie gemacht. Ich auch nicht, dabei wäre es so einfach – tätige Liebe. Der Erstgeborene macht es, ganz wunderbar und ein Anderer auch. Ich erzähle Geschichten von früher und merke wie alt ich bin, wie lang früher her ist mit Uhers und Nagras und Tonbandmaschinen. Eine fragt mich nach meinem Alter. Und dann versichern mir die jungen Menschen, dass sie das kaum glauben können. Ich bin mir nicht peinlich, stelle ich erleichtert fest, auch wenn die Turtle in mir manchmal zaghaft winselt; gehöre nicht dazu und bin doch nicht so fremd. Spät verlasse ich das kleine Fest, trunken vor Dankbarkeit , die ich mitgebracht hatte, Kalauer im Kopf.

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Einer, nah in der Ferne, hat mir eine Mix-CD gemacht für die schwierigen Tage in diesen Zeiten und sie dreht sich in der Küche während ich Kürbissenf bereite, als Weihnachtsgeschenk der Firma, die es bald nicht mehr geben wird. „Im Himmel ist kein Platz mehr für uns zwei“singt Sven Regener und wir füllen die orange, duftende Masse in Gläser. „Wiegen die Worte für ihn?“ frage ich mich. Mich berühren sie. Dann gehe ich schlafen.

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Gestern mittags durfte das Zirkuspferd wieder in die Menge, den verdienten 90jährigen feiern. Glücklich tänzelte es in Lob und Anerkennung. Der alte Mann freute sich über meine Worte, ein schöner Mann, einst und heute und so mochte ich es, als er mir sanft die Wange küsste und die Hand drückte, gerührt, wir beide. Die Energiesäule treibt mich voran. Der abendliche Unterricht im Dienste der Bewegung soll noch vorbereitet werden. Ein paar in der Klasse waren nicht begeistert von mir bei meinem ersten Auftrag. Jetzt beim zweiten und letzten will ich das wieder wettmachen.Die kleine Turtle, die gemocht werden will, Angst und das Ringen um Liebe. Und irgendwie geht es. Am Nachhauseweg ist das Universum der Dinge vorbei doch eine Litfasssäule kündet von der Ästhetik des Alltäglichen.

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Nur manchmal macht mir die Energiesäule Angst,
erscheint mir der Fluß zu reißend,
das Magma übermächtig.
Dann atme ich aus.
Und hol mir keinen Kaffee mehr.
Sondern gehe hinaus in die kalte Winterluft,
spiele Leben,
Schritt für Schritt.
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Mock Turtle

Sit down, both of you, and don't speak a word till I've finished

Who sits there?

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