Ihr Kopf war schwer, als sie erwachte, ihr Körper klebte vom Schweiß. Noch hielt sie die Augen geschlossen, versuchte sich zu orientieren und die Geschehnisse der letzten Stunden zu rekonstruieren.
"Klick" hörte sie und öffnete fast gleichzeitig die Augen. Cara stand neben dem Bett und fotografierte. Lisa wurde wütend. Lachend senkte die Koboldfeenkönigin die Kamera:
"Du bist wunderschön." Perlenzähne und Atolle.
"Aber…""Schhhhhh." Und Cara küsste sie. Mit schneller, spitzer Zunge. Sie schmeckte gut, heiß und nach Kaffee. Lisa wurde ganz wirr und weich. Sie wollte mehr von dieser Frau, sie wollte diese Frau, aber die Freundin löste sich:
"Jetzt fangen wir an. Unten wartet Espresso auf dich. Bitte dusch dich nicht, da liegt ein Sarong für dich."
Wollte sie das, fragte sie sich, während sie die Zähne putzte, den Kuss weg putzte und das pelzige Gefühl. Und was wollte Cara, was war das, würde das werden? Erich fiel ihr ein und sie dachte kurz daran, ihr Handy einzuschalten. Aber dann entschied sie sich dagegen oder besser gesagt dafür, dafür, alles einfach geschehen zu lassen. Die Küsse, die Frau, die Fotos, den Film. Jetzt.
Ihr war heiß unter der Maske. Sie war nackt und arbeitete im Garten.
"Klickklickklick" machte die Kamera und auf Lisas Haut mischte sich die Erde mit dem Schweiß. Manchmal stoppte Cara abrupt und küsste sie: auf den Mund, die Brust, ihren Venushügel. Nie mehr. Lisa, deren Beruf und Leidenschaft das Reden und das Fragen waren, schwieg und lies geschehen. Und mit jedem Klick genoss sie es mehr.
Der Pfirsichsaft tropfte von ihrem Kinn, eine Biene flog vorbei. Die Koboldfeenkönigin machte ein Bild nach dem anderen. Nur selten unterbrach sie um den Chip zu wechseln – oder zu küssen. Die Luft flirrte und die Grillen zirpten. Eine Bremse setzte sich auf Lisas Arm und saugte sich fest. Nicht einmal dagegen wollte sie sich wehren.
Und dann Siesta, in den kühlen Mauern. Cara führte sie in ihr Schlafzimmer und bettete sie auf kühle, weiße Leintücher. Alte, dunkle Möbel, durch die geschlossenen hölzernen Fensterläden hörte Lisa das Flirren des Sommertages. Jetzt, dachte sie und wagte kaum zu atmen. Sie schloss die Augen und erwartete Caras Lippen. Ganz weich und zärtlich schnappten sie nach ihren. Mehr, schrie es in Lisas Kopf. Sie selbst beschränkte sich darauf nur zu antworten, zwang sich ihr Becken nicht sehnsuchtsvoll der Feenkönigin entgegen zu strecken, sondern nur gleiches mit gleichem zu vergelten, Kuss um Kuss.
Erde und Körpersäfte hatten die weißen Laken gefärbt. Caras Haut schmeckte salzig, zärtlich strich sie über ihre festen Brüste, kleine Wasserperlen schmückten ihr Schamhaar. Feine blonde Härchen betonten die Konturen ihres Körpers. Diamanten und Gold. Lisas Maske lag am Boden. Sie überlegte kurz, wie spät es wohl war. Draußen, die Sonne, schien tiefer zu stehen. Zeit war egal. In ihrem Kopf hörte sie noch das Echo von Caras Orgasmus: gurrend, rau und gewaltig. Die Freundin öffnete die Augen. Lisa tauchte tief in die Atolle. Das kräftige Lachen ertönte:
"Setz dir bitte die Maske wieder auf Liebste." Die Fotografin griff wieder zur Kamera.
"Nein, du", bat Lisa und die Koboldfeenkönigin gehorchte. Lisa drückte ab
"Klickklickklick".
"Ich schick sie dir – wenn du mir deine Adresse gibst", Cara zeigte ihr die Bilder am Computer. Sie waren beide noch immer nackt und konnten die Finger nicht voneinander lassen.
"Ich muss morgen fahren", sagte sie und war ein wenig verlegen:
"Ich muss am Montag arbeiten…" "Ich bring dich zum Bahnhof." Also liebten sie sich: im Haus, im Garten, im Teich und in der Küche. Sie aßen, tranken, kifften und küssten. Und lachten.
Sie lehnte sich im Zugabteil zurück und schloss die Augen. Noch konnte sie Caras Küsse schmecken, ihre Brüste bei der letzten Umarmung am Bahnhof spüren, sie sah ihre Augen, hörte die Stimme und roch die Geliebte an ihren Fingern. Erst am Brenner schaltete sie das Handy wieder ein. Neun SMS von Erich.
"Ankunft 19:20 – alles OK. LL" tippte sie. Er würde am Bahnhof sein. Der Bremsenstich juckte.
"Cara mia", tönte es in ihrem Kopf.
